Islandpferde Jovín
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SKALA DER AUSBILDUNG


Teil eins. Oder... "was gibts zu sagen zu den ersten Punkten der Ausbildungsskala. Seit Längerem beschäftige ich mich schon mit der klassichen "Skala der Ausbildung".
Vielmehr aber speziell mit dem Gedanken, ist sie richtig gestellt, ist sie im Gangpferdebereich so anwendbar oder wie müsste sie optimaler aussehen? Mit diesem Thema habe ich mich selbst beschäftigt und einige bekannte Trainer befragt. Am
Wichtigsten erschienen mir die Kommentare von Silke Hembes und Brigitte Karmus. Diese möchte ich in den folgenden Beitrag an den geeigneten Stellen einfließen lassen.
Besonders beschäftigte mich die Reihenfolge der sechs Punkte, die bekanntermaßen in folgender Reihenfolge angeordnet sind. Angefangen vom Takt geht es weiter über Losgelassenheit, Anlehnung, sowie Schwung und Gereaderichtung, bis hin zur
Versammlung.  



   

Nach einigen Überlegungen war auch ich der Überzeugung, dass speziell
für uns Gangpferdereiter z.B. die Losgelassenheit vor dem Takt kommen sollte, da ohne
die Losgelassenheit ein guter Takt, wenn überhaupt, nur schwer möglich ist. Außerdem
halte ich die Gerederichtung für einen solch wichtigen Bestandteil, dass ich auch ihr
Auftreten in der Skala weiter nach vorne setzen würde.
Dankenswerter Weise brachten sich die Befragten aber nicht nur über die von mir
gestellten Fragen ein, sondern berichteten mir auch außerhalb meiner Fragen über all ihre
Gedanken zur Skala der Ausbildung, wodurch ich auch andere Meinungen und ein
erweitertes Verständnis bekam. Zum Beispiel zeigte sich ein neuer Begriff, der nun auch
für mich am Anfang der Skala steht. Aber dazu unten mehr.

An die Trainer und Reiter wendete ich mich zu diesem Thema mit 4 Fragen:

1. Gibt es Punkte, in denen die klassische "Skala der Ausbildung" Ihrer Meinung nach
auch besonders im Gangpferdebereich nicht ganz richtig sortiert ist/nicht ganz
passt?

2. In welchen Punkten stimmt die Skala der Ausbildung nicht ganz mit Ihrer Meinung,
Ihren Erfahrungen oder Gedanken überein?

3. Sind die Vorstellungen, die nicht übereinstimmen, nur auf den Gangpferdebereich
oder auch auf den "klassischen Bereich" bezogen?

4. Wie müsste die Skala der Ausbildung Ihrer Meinung nach besonders im
Gangpferdebereich aussehen?

Um tiefer ins Thema einzusteigen möchte ich den Einleitungsdialog von Brigitte Karmus
verwenden. Dieser lautet: Ob die Reihenfolge der einzelnen Punkte richtig ist oder
überholt wird immer wieder diskutiert, ebenso die Frage, ob die Skala auf das Gangpferd
anwendbar ist. Ganz allgemein denke ich, dass es äußerst wichtig ist, die einzelnen
Punkte nicht zu separieren, sondern sich dieses System wie ein Uhrwerk vorzustellen, wo
ein Rad ins andere greift. Vor allem die ersten drei Punkte der Skala sind dermaßen
ineinander verwoben, dass sich eine Diskussion darüber eigentlich einfach erübrigt.

Weiter schreibt sie: Beim Gangpferd haben wir durch die zusätzlichen Gangarten natürlich
andere Voraussetzungen. Je ausgeprägter diese Spezialgangarten sind, desto flexibler
wird man vorgehen und evtl. auch in der Reihenfolge Kompromisse eingehen. Ein
erfahrener Ausbilder wird sensibel genug sein und die richtige "Taktik" anwenden. Die
Skala ist ein wunderbarer Leitfaden und auch hilfreich bei der Ausbildung von
Gangpferden. Sie setzt Fachwissen, Geduld, Gefühl und Können voraus.
Im Bezug auf die obigen Punkte sind zumindest wir drei einer Meinung. Man könnte es,
wie Silke Hembes es schön beschreibt, auch als eine Sammlung verschiedener, wichtiger
Elemente bezeichnen, die nötig sind um ein Pferd so zu reiten, dass ihm dies nicht
schadet.

Trotzdem möchte ich als Autor des Beitrages schon alleine aus Interesse die Reihenfolge
im Folgenden beleuchten.

Nun gleich an erster Stelle jener Punkt, welchen ich in meinem Denken durch die
Antworten von Brigitte Karmus dazu gewonnen habe. Bezeichnet man die sechs
bekannten Punkte als Punkte eins bis sechs, müsste folgender Punkt "Punkt Null" sein.

Angesprochen von Brigitte Karmus wurde er unter dem Begriff "Zwanglosigkeit". Sie spricht
ihn an, weil ihrer Meinung nach viele Reiter die "Zwanglosigkeit" mit dem Punkt der
Losgelassenheit verwecheln. Das zwanglose Gehen eines Pferdes ermöglicht erst einen
gewissen Grundtakt, der wiederum die Losgelassenheit einleitet. Mit beginnender
Losgelassenheit wird sich gleichzeitig ein erstes Herandehnen an die Reiterhand und die
Anlehnung entwickeln.

Weiter geht es mit dem großen Thema Geraderichten, bei dem wir drei uns wieder einig
sind. Ein schiefes Pferd kann nicht loslassen. Wie auch Frau Karmus schrieb wurde der
Geraderichtung bzw. der Schiefe von Pferden in alten Reitlehren lange nicht so viel
Beachtung geschenkt. Junge Pferde wurden anfangs mehr geradeaus geritten. Die ersten
drei Punkte der "klassischen" Skala könnten sich über einen längeren Zeitraum ganz
natürlich entwickeln und so entstand schon ein erstes Geraderichten und Gleichgewicht.
Ich bin sogar fest der Meinung, dass es speziell im Islandpferdebereich noch heute nur zu
oft untergeht bzw. bei manchen aus Dessinteresse unter den Tisch gekehrt wird. Auch ich
selbst muss mich beim Schopf packen. Ich reite (Islandpferde) mittlerweile mehr als 17
Jahre. Die Bedeutung der Geraderichtung und damit verbunden auch der
gymnastizierenden Bodenarbeit von Anfang an, bin ich mir erst später bewusst geworden.
Erschien mir speziell die wichtige Vorarbeit früher doch sehr unnötig und langweilig. Heute
dagegen liebe ich sie und halte sie für einen der wichtigsten Bestandteile der Arbeit mit
und Ausbildung von Pferden.

ABER: schiefe Pferde können nicht loslassen! Das in der Skala erwähnte Geraderichten
soll das Pferd zu mehr Lastaufnahme des inneren Hinterbeines befähigen und die
mittlerweile allseits bekannte natürliche Schiefe des Pferdes (übrigens hat auch jeder
Mensch eine natürliche Schiefe) langsam korrigieren. Seitengänge wie Schulterherein,
Kruppeherein, Renvers sind auch für das Islandpferd in Maß und Ziel sinnvoll, wenngleich
in erster Linie nur im Schritt machbar.

Silke Hembes spricht die Praxis an.
Vom ersten Moment der Bodenarbeit und des Reitens an kann ich den Bewegungsablauf
der Pferde beobachten.
Wie fußt das Pferd, wie gerade ist es in seiner Längsachse auf der Geraden (tritt es
seitlich mit einem oder mehreren Hufen heraus?) und inwieweit ist es in der Lage, sich in
der Rotation der Biegung auf zwei Spuren zu bewegen?

Auch über den Weg der Boden- und Handarbeit kann schon sehr früh, bereits vor dem
Reiten, der natürlichen Schiefe des Pferdes Rechnung getragen werden und ohne Zwang,
sondern in lösenden Übungen am Geraderichten gearbeitet werden - und zwar lange
bevor "Anlehnung" oder gar Beizäumung überhaupt gefragt sind.

In Orientierung an meinem Ausgangsgedanken geht es nun weiter mit Losgelassenheit
und dem folgenden Takt. Während ich mich durch meine "berufliche Vorbelastung" bei
diesem Punkt vorwiegend mit Lockerheit als Grundlage für den Takt beschäftige und
damit, dass ohne eine lockere Bewegungsfähigkeit kein taktklares Laufen möglich ist bzw.
sein kann, ich also behaupte, dass auf der Skala die Losgelassenheit vor dem Takt
kommen muss, spricht Frau Karmus über den Unterschied in diesem Punkt zwischen
Warmblutpferden im "Rechtecktyp" und unseren Gangpferden.

Einmal begründet sich der Unterschied schon Exterieurbedingt. Außerdem spielt der Spannungzustand eine große Rolle, der beim Gangpferd deutlich höher ist als beim Warmblut. Wobei zu betonen ist,
dass damit die positive Spannung gemeint ist, die für Tölt und Rennpass fundamental
wichtig ist. Denn ohne die positive Spannnung sind diese zwei Gangarten nicht möglich.
Frau Hembes ist im Hinblick auf die Reihenfolge meiner Meinung und sieht nicht nur beim
Gangpferd auch die Losgelassenheit als Grundlage für den Takt. Beschäftigt sich aber in
Ihrer Antwort mit der, wie ich sie nenne "Toleranzgrenze für mangelnde Losgelassenheit".
Bei Gangpferden sieht man mangelnde Losgelassenheit gleich deutlicher, weil mangelnde
Losgelassenheit keinen natürlich fließenden Takt entstehen lässt.
Beim Gangpferd führt dies zu sichtbaren Schwankungen in den Gangarten - bis zu deren
Verlassen. Die Möglichkeiten eines Pferdes mit mehr als drei Grundgangarten, sich bei
Verspannungen in Passverschiebungen zu retten, sind naturgegeben grösser und daher
leichter zu sehen. Ein Dreigänger verträgt schon eine ganze Menge mangelnde Losgelassenheit bis er
beginnt passig zu werden.
Je besser und feiner die Wahrnehmung des Reiters und auch des Betrachters ist, umso
eher fällt dieser Mangel an Losgelassenheit, der eben keinen sauberen Takt zulässt, auf.
Wenn sie hier von "passig" spricht, so meint sie damit nicht die gewünschte, laterale
Bewegung, die auf Anfrage zu einer gewollten Stabilisierung im Rücken eines natürlich
passveranlagtes Pferd führt, sondern die negativen Verspannungen, die durch einen
festgehaltenen bis weggedrückten Rücken eine gleichmässige losgelassene Bewegung
der Gliedmaßen in jedweder Gangart nicht mehr zulassen.
Je mehr Passveranlagung, umso leichter wird sich ein Pferd ungewollt "verschieben", sich
nicht mehr losgelassen und daher nicht mehr taktmäßig bewegen.

Bis hierhin nun der erste Teil. Aber was kann man daraus nun mitnehmen? Wenn wir das
Ganze noch einmal ganz kurz zusammenfassen, sind zwar die ersten drei Punkte der
Skala so ineinander verwoben, dass eine Diskussion über die Reihenfolge zwar
interessant, aber nicht existenziell wichtig ist.

Allerdings können wir über die Zusammenfassung eine andere, aber nur grobe, sinnhafte Aneinanderreihung der ersten Punkte erkennen.

= aus Teil 1 mit Takt, Losgelassenheit und Anlehnung wird im ersten Teil zu
(Zwanglosigkeit), Geraderichtung sowie Losgelassenheit und Takt.


 
 
 
 
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